Kilimanjaro ohne Kopfweh – Höhenkrankheit und Vorbeugung
Kurzübersicht: Definition – Formen der AMS(1) – Behandlung – Risikofaktoren – Vorbeugung
Definition und Einteilung der Höhen: - Mittlere Höhen: 1.500-2.500m (z.B. Zermatt, Courchevel, Hochvogel, Biberkopf etc.) - Große Höhen: 2.500-3.500m (z.B. Zugspitze, Addis Abeba) - Sehr große Höhen: 3.500-5.800m (z.B. Matterhorn, Mont Blanc, Monte Rosa) - Extreme Höhen: Über 5.800m (z.B. Kilimanjaro, K2, Mount Everest) Was ist Höhenkrankheit oder AMS(1) AMS = Höhenkrankheit umfasst verschiedene Zustände, die durch Sauerstoffmangel in großen Höhen verursacht werden. Erste Symptome können bei etwa 10% der Menschen ab 2.500m auftreten und verschwinden oft nach 1-2 Tagen. Besser nicht weiter aufsteigen! Formen der Höhenkrankheit: Allgemein: Kopfschmerz ist Leitsymptom der AMS aber allein für sich normal in der Höhe. Wenn weitere Symptome dazu kommen, ist es mit Sicherheit eine Höhenkrankheit. 1. Akute Höhenkrankheit AMS(1): Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Leistungsabfall, Schwindel, Schlafstörungen. (1) AMS = Acute Mountain Sickness 2. Höhenlungenödem HAPE(2): plötzlicher Leistungsabfall, Luftnot, Blaufärbung von Lippen/Fingern, Kopfschmerzen, Herzrasen, Husten mit blutigem Auswurf. (2) HAPE = High Altitude Pulmonary Edema 3. Höhenhirnödem HACE(3): Bewegungsstörungen, schwere Kopfschmerzen, Halluzinationen, Bewusstseinsstörungen. (3) HACE = High Altitude Celebral Edema Behandlung: - Allgemein: Bei Verdacht auf Höhenkrankheit direkt absteigen! Immer sofort handeln, nicht abwarten! Bei AMS läuft die Zeit gegen uns! - Leichte AMS: Ruhe, Schmerzmittel, Brechreizhemmer. - Schwere AMS: Abstieg um 1.000m, Sauerstoff, Medikamente (Acetazolamid, Dexamethason), Druckkammer, Certec Bag. - HAPE: Abstieg* um 1.000m, Sauerstoff, Medikamente (Nifedipin), Druckkammer. - HACE: Abstieg* um 1.000m, Sauerstoff, Medikamente, (Dexamethason) Druckkammer. (*)Abstieg = mindestens soweit herunter bis die Symptome spürbar nachlassen und es dem Patienten/Kunden deutlich besser geht. Risikofaktoren: - zu schneller Aufstieg - zu hohe Übernachtungshöhe - Persönliche Empfindlichkeit - Übergewicht, Diabetes, Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen Vorbeugung: - Vermeiden schneller Aufstiege über 3.500m (Flugzeug, Hubschrauber, Jeep etc.) - Langsames Gehtempo im Aufstieg ab 2.500m (400-600m pro Tag) - wo das nicht möglich ist, z.B. am Gipfeltag: langsam aufsteigen - kurzer Aufenthalt - schnell wieder absteigen = "der AMS davon laufen!" oder "schneller als das Kopfweh!" - Niedrigere Schlafplätze wählen („Hoch steigen – tiefer schlafen“) = Überhöhung vor der Nacht. - Faustregel: idealerweise 7 Tage Anpassung bis auf 4.500 m und eine weitere Woche bis 6.000 m.(Schlafhöhen!) - Früherkennung: täglich morgens in Ruhe mit einem Pulsoxymeter Sauerstoffsättigung und Ruhepuls messen! - Bei Neigung zu Höhenkrankheit: ärztliche Beratung, evtl. Acetazolamid einnehmen - Ernährung: Leicht verdauliche Kost, das Verstoffwechseln von Fett kostet mehr Sauerstoff als das von Kohlenhydraten. - Atmung: Ganz besonders auf die tiefe Ausatmung achten. Bewusst tiefer und schneller atmen. Zu Hause Yoga-Atmung üben! - Körperliche Aktivitäten in den ersten Tagen nach Ankunft in großer Höhe minimieren.
Höhenkrankheit ausführlich erklärt: Definition – Formen der AMS – Behandlung – Risikofaktoren – Vorbeugung
DefinitionDer Begriff der „Höhe“ ist unter Bergfreunden/Bergwandernden im Grunde willkürlich gesetzt. Allgemein sind die folgenden Beschreibungen üblich:
Mittlere Höhen
Höhe 1.500m bis 2.500m (AMSL = über dem mittleren Meeresspiegel)
Beispiele: Zermatt 1.616m, Kathmandu 1.400m, Ngorongoro Krater 1.700m, Kilimanjaro: Londorossi Gate 2.245, Mt. Meru: Miriakamba Hütte 2.485 m
Obwohl hier die Sauerstoffsättigung noch richtig gut ist, kann es bei sehr empfindlichen Menschen schon zu Beeinträchtigungen kommen.
Große Höhen
Höhe 2.500m bis 3.500m AMSL
Beispiele: Zugspitze 2.962m, Piz Boè / Dolomiten 3.152m, Poon Hill / Nepal 3.210m, Kilimanjaro: Camp Shira I Camp 3.500m, Nepal: Flughafen Lukla 2.846m, etc.
Über 3.000m treten bei nicht akklimatisierten Menschen schon häufiger erste Beschwerden auf. Durch behutsame und richtige Akklimatisierung verschwinden diese aber meistens nach wenigen Tagen auf der neuen Höhe.
Sehr große Höhen
3.500m und 5.800m AMSL
Beispiele: Matterhorn 4.478m, Mont Blanc 4.807m, Kilimandscharo 5.895m, Flughafen El Alto La Paz 4.063 m, Titicaca See Bolivien 3.800 m, Renjo Pass Everest Region 5.460 m, etc.
Deutlich über 5.000 m Höhe gibt es weltweit keine menschlichen Siedlungen mehr. Auch die Basecamps für die Besteigungen großer Höhen liegen kaum höher, da der menschliche Körper sich darüber nicht mehr erholen kann. Bestimmte Ethnien im Himalaya oder in den Anden Südamerikas haben über viele Generationen eine besondere Anpassungsfähigkeit entwickelt. Diese Menschen sind als starke Helfer der Höhenbergsteiger prädestiniert, wie zum Beispiel die weltberühmten Sherpa in Nepal.
Extreme Höhen
ab 5.800m bis über 8.000m AMSL
Beispiele: Denali / Alaska 6.194m, K2 / Karakorum 8.611m, Mount Everest 8.848m.
Hier sinkt die Sauerstoffsättigung der roten Blutkörperchen so stark, das die Höhenkrankheit so gut wie immer auftritt. Oberhalb von 5.800m ist eine Akklimatisierung nicht mehr möglich. Die Besteigungen extremer Höhen (ohne Flaschensauerstoff) sind ein reiner Wettlauf gegen die Zeit!
Was ist die „Höhenkrankheit“?
Dieser Begriff bezeichnet alle Krankheitbilder, die eine Folge des höhenbedingten Sauerstoffmangels sind.
Erste Symptome treten wie oben beschrieben bei etwa 10% der Bergsportler schon auf Höhen knapp oberhalb von 2.500m auf. Diese leichten Symptome bilden sich innerhalb von 1-2 Tagen der Erholung fast immer zurück. Kopfweh ist in der Höhe normal und für sich alleine noch keine Höhenkrankheit. Wenn jedoch weitere Symptome hinzu kommen, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit eine Form der Höhenkrankheit!
Formen der AMS
Es gibt im Wesentlichen 3 Formen der AMS (Acute Mounatin Sickness = akkute Höhenkrankheit)
1. Die akute Höhenkrankheit / AMS
Symptome: Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen,
Schwindel, Schlafstörungen, plötzlicher Leistungsabfall, Schwellungen
der Augenlider und von Armen und Beinen, Netzhauteinblutungen.
2. Das Höhenlungenödem (HAPE, High Altitude Pulmonary Edema)
Symptome: plötzlicher Leistungsabfall mit Luftnot (wird auch nach Pausen nicht besser!) Blaufärbung von Lippen und Fingern, Herzrasen, beschleunigte und erschwerte Atmung, Reizhusten – ggf. mit blutigem Auswurf, Rasselatem und Knistergeräusche beim Atmen, Schwindel, Gangunsicherheit, Ohnmachtsgefühle, geringe Urinmenge (unter 0,5l/Tag).
2. Das Höhenhirnödem (HACE, High Altitude Cerebral Edema)
Symptome: Störung des Bewegungsablaufes (Ataxie), ausgeprägte Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Halluzinationen, vernunftwidriges Verhalten, Bewusstseinsstörungen, Lähmungen,
Nackensteifigkeit, Koma.
Die 3 genannten Formen können einzeln oder gemischt auftreten. Die Übergänge sind fließend. Kopfschmerzen sind das Leitsymptom der AMS, wobei ein leichter Kopfschmerz in der Höhe noch keine Höhenkrankheit darstellt. Kommt jedoch eines der oben genannten Symptome hinzu, ist es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Höhenkrankheit. Die Symptome treten i.d.R. nicht sofort nach dem Erreichen einer neuen größeren Höhe. Eine Verzögerung von 4- 24 h ist nicht ungewöhnlich. So werden manche Bergsteiger erst am nächsten Morgen richtig krank oder manchmal sogar bei der zweiten Übernachtung auf gleicher Höhe. Chronische Krankheiten oder Vorerkrankungen können die Symptome verschlimmern. Dann gilt das Gebot des sofortigen Handelns. („Do or Die!“) Denn Höhenkrankheit kann fatal verlaufen, es wird in aller Regel nicht von alleine besser!
Dennoch ist es absolut vermeidbar, auf einer Trekkingtour an schwerer Höhenkrankheit zu erkranken, oder gar zu sterben. Wo das passiert ist, wurden schlicht zu viele Fehler gemacht: schlechte Planung, schlechte Durchführung, Symptome nicht erkannt oder gar ignoriert. Und obendrauf: schlecht oder gar nicht behandelt. In über 40 Jahren BERGAUF-Reisen gab es keinen einzigen Fall! Wir haben zur Sicherheit unserer Gäste höhenmedizinische Medikamente immer dabei. Doch ist es BERGAUF-Grundsatz, alle Situationen zu vermeiden, wo diese Medikamente erforderlich wären. Etwa wie ein Airbag im Auto. Man hat ihn stets dabei, aber man nutzt ihn besser nie!
Behandlung
Wie wird die Höhenkrankheit behandelt?
Im Zweifelsfall: sofort wieder absteigen! Den meisten Betroffenen geht es schon nach kurzer Zeit in niedriger Höhe deutlich besser. Wenn man nicht sofort absteigen kann (Schlechtwetter, Dunkelheit, schwieriger Abstieg etc.) hilft die Zugabe von Flaschensauerstoff oder ein „Certec Bag“ = Überdrucksack, mit dem eine tiefere Höhe simuliert werden kann. (Auf BERGAUF Hochtouren stets dabei!) Den Betroffenen geht es nach ca. 45 Minuten schon besser. Doch auch dann ist ein Abstieg so rasch es geht notwendig, auf keinen Fall weiter aufsteigen!
Je nach Schwere der Höhenkrankheit gibt es verschiedene Behandlungen:
1. Behandlung der akuten Höhenkrankheit (AMS)
Leichtes Stadium
– Ruhen und nicht weiter aufsteigen.
– Bei Bedarf leichte Schmerzmittel wie Ibuprofen und Mittel gegen Übelkeit nehmen.
– Sofort mindestens 1000 Meter absteigen, auf jeden Fall so weit, bis die Symptome abklingen!
– Sauerstoffzufuhr von 2-4 Litern pro Minute.
– Nach ärztlicher Anweisung das Medikament Acetazolamid (Diamox®) alle 6 Stunden einnehmen.
– Nach ärztlicher Anweisung das Medikament Dexamethason alle 6 Stunden einnehmen.
– Behandlung in einer Druckkammer kann notwendig sein.
2. Behandlung des Höhenlungenödems (HAPE):
– Sofort mindestens 1.000 Meter absteigen, auf jeden Fall aber so weit, dass es deutlich besser geht!
– Sauerstoffzufuhr von 2-4 Litern pro Minute.
– Nach ärztlicher Anweisung das Medikament Nifedipin Retard alle 6 Stunden einnehmen.
– Falls Abstieg nicht möglich ist = 45 Min. Aufenthalt im Überdrucksack (Certec Bag)
– Klinik: Behandlung in einer Druckkammer kann notwendig sein.
3. Behandlung des Höhenhirnödems (HACE)
– Sofort mindestens 1.000 Meter absteigen.
– Sauerstoffzufuhr von 2-4 Litern pro Minute.
– Nach ärztlicher Anweisung Acetazolamid (Diamox®) alle 6 Stunden einnehmen.
– Nach ärztlicher Anweisung Dexamethason einmalig und dann alle 6 Stunden einnehmen.
– Falls Abstieg nicht möglich ist = 45 Min. Aufenthalt im Überdrucksack (Certec Bag)
– Klinik: Behandlung in einer Druckkammer kann notwendig sein.
Risikofaktoren
Wer ist besonders gefährdet?
Nicht immer ist die Anfälligkeit, eine Höhenkrankheit zu bekommen, vorher abzusehen. Als Risikofaktoren für die Höhenkrankheit gelten:
- 1. Hohe Aufstiegsgeschwindigkeit
- 2. Große Übernachtungshöhe
- 3. Persönliche Empfindlichkeit
- 4. Übergewicht und Adipositas
- 5. Unzureichend behandelte Blutzuckerkrankung
- 6. Vorbestehende Lungenerkrankungen
- 7. Vorbestehende Herzerkrankungen
Wie kann ich eine Höhenkrankheit an mir oder meinen Mitreisenden feststellen?
Zur Selbsteinschätzung dient der sogenannte „Lake-Louise-Score“ für Erwachsene. Es werden Fragen zur Selbsteinschätzung, zu verschiedenen Symptomen und zur Leistungsfähigkeit beantwortet. Bei BERGAUF Reisen bekommt jeder Gast dazu ein Datenblatt zur täglichen Kontrolle. Mit einem bereitgestellten Pulsoximeter kann jeder Gast seine Sauerstoffsättigung messen. Die Ergebnisse werden nach Punkten bewertet. Ab 3 oder mehr Punkten muss von einer akuten Höhenkrankheit ausgegangen werden.
Wie kann ich der Höhenkrankheit vorbeugen?
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- Ab 2500m Höhe sollten Sie einen langsamen Aufstieg um nicht mehr als durchschnittlich 400m bis 600m täglich planen.
- Die Schlafplätze im Verlauf der Marschroute sollten in möglichst niedrigen Höhenlagen gewählt werden („Hoch steigen – tiefer schlafen“).
- Schlafplätze in zwei drauffolgenden Nächten über 3.000m sollten idealerweise nicht mehr als 300-500 Höhenmeter auseinander liegen.
- Im Rahmen eines Aufstieges sollte alle 3 Tage oder alle 1.000 Höhenmeter ein Ruhetag eingeplant werden.
- täglich morgens mit einem Pulsoxymeter Sauerstoffsättigung und Ruhepuls messen! HF 20 Schläge über normal und Sauerstoffsättigung > 85% sind Alarmzeichen
- Bei bekannter Neigung zur Höhenkrankheit sollte eine ärztliche Konsultation zur Möglichkeit der Einnahme von Acetazolamid (z.B. Diamox®/Glaupax®) mit Beginn 1-2 Tage vor dem Aufstieg bis zum Erreichen der Zielhöhe erfolgen. Im Zweifel immer den ärztlichen Rat befolgen! Auf jeden Fall den Bergführer/die Bergführerin informieren!
- Bei bekannter Neigung zum Höhenlungenödem sollte unbedingt eine ärztliche Konsultation erfolgen. Unter Umständen ist es nicht ratsam bei dieser Disposition an einer Tour in große Höhen teilzunehmen. Im Zweifel immer den ärztlichen Rat befolgen! Auf jeden Fall den Bergführer/die Bergführerin informieren!
- Rasche, motorisierte Aufstiege auf dem Land- oder Luftweg auf über 3500m Höhe (Flugzeug, Hubschrauber, Jeep etc.) sind möglichst zu vermeiden.
- Während der ersten Tage nach Ankunft in großer Höhe sollten körperliche Aktivitäten auf ein Minimum reduziert werden.
Mit diesen Informationen und dem disziplinierten Einhalten der Tipps zur Vorbeugung sollten keine ernsthaften Anzeichen der AMS auftreten. Alle unsere Bergführer/innen sind entsprechend geschult und achten auf die Einhaltung der Regeln. Denn uns ist die Höhenanpassung „heilig“. Die notwendige Zeit zur Höhenanpassung wird nicht beschnitten, nur damit die Reise in einen bestimmten Zeitraum passt. Wenn wir eine Reise verkürzen wollen, geschieht das durch kurze Abstiegsrouten oder z.B. Rückflüge im Heli.
Der hohe Gipfelerfolg über viele Jahre gibt uns recht Kilimanjaro erfolgreich und sicher zu besteigen. Viel Erfolg und genieße Dein Abenteuer!